Podiumsdiskussion in Büdesheim am 19.09.2013: Resistenzen gegen Einflussnahme der Agrar-Lobby ausgebildet
Grüne wollen Massentierhaltung beenden
Schöneck, 19.09.2013. „Sind Sie gegen Massentierhaltung und Tierquälerei? Was tun Sie für bessere Tierschutzgesetze?“ Mit dieser, von Schönecker Hortkindern gestellten Frage eröffnete Moderator Wolfgang Seifried, Landtagskandidat der Grünen, die Diskussion und fragte die Experten auf dem Podium nach den Problemen im Zusammenhang mit der Massentierhaltung und nach den Lösungen dafür. Die geladenen Experten waren Martin Häusling, Mitglied des Europäischen Parlaments und Koordinator im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie Thomas Stöppler, Bio- Landwirt und Kommunalpolitiker aus Bruchköbel. Dass der Brendelsaal des Alten Schlosses in Büdesheim gut gefüllt war, dokumentierte, dass das Thema die Menschen beschäftigt.
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Bild (v.l.n.r): Martin Häusling (MdEP), Wolfgang Seifried und Thomas Stöppler
Häusling erläuterte die Problemlage: „Der weltweite Fleischkonsum hat sich in den letzten 50 Jahren vervierfacht. Der Flächenbedarf für die Fleischproduktion ist pro erzeugter Kalorie ungefähr zehnmal so hoch wie für den Getreide- oder Gemüseanbau. Ein Drittel der weltweiten Ackerflächen wird heute allein für die Erzeugung von Futtermitteln für den wachsenden ‚Fleischhunger‘ beansprucht. Um Fleisch möglichst kostengünstig produzieren zu können, werden Tiere auf möglichst engem Raum gehalten. Das ist Tierquälerei. Die Viehhalter haben einen so hohen Futterbedarf, dass sie dieses nicht selbst anbauen können, sondern aus nicht immer bekannten Quellen zukaufen. Ich erinnere an diverse Futtermittelskandale. Und am Ende muss die Gülle ausgebracht werden, was zu Nitratbelastungen im Grundwasser führt.“
Moderator Seifried und die Zuhörer wollten wissen, was dagegen getan werden kann. Stöppler: „Ich mäste meine Schweine nach den Bioland-Richtlinien. Das heißt beispielsweise, dass sich die Tier im Freien suhlen können und nur selbst angebautes Futter bekommen. Preislich kann ich natürlich mit der Billig- Konkurrenz nicht mithalten, zumal es dem Verbraucher schwer fällt, gutes von schlechtem Fleisch zu unterscheiden, wenn auf der Verpackung mit Bildern glücklicher Tiere geworben wird.“
„Wir wollen deshalb eine klare Kennzeichnungspflicht einführen. Bei Eiern hat dies bereits zu Verbesserungen geführt, viele Verbraucher können mit den Ziffern 0 bis 3 umgehen. Und wir brauchen wieder mehr unabhängige Kontrollen, die aber von der hessischen Landesregierung eingespart wurden“ erläuterte Häusling und ergänzte, dass die Kontrollen von den Tierhaltern bezahlt werden sollten. „Logisch, wie beim TÜV eben“, ergänzte ein Zuhörer.
Häusling weiter: „Es ist eine Frage unserer Haltung, wie unsere Nutztiere im Stall leben. Die derzeitigen gesetzlichen Haltungsvorschriften sind viel zu schwach, um Mindestanforderungen artgerechter Verhaltensweisen zu gewährleisten. Den Einsatz von Antibiotika wollen wir auf kranke Tiere beschränken, nicht zuletzt, weil am Ende der Nahrungskette der Mensch sitzt und Resistenzen ausbildet, was im Krankheitsfall zu einem echten Problem werden kann.“„Und durch den Veggie-day wollen Sie Fleischessen verbieten?“ wollte ein Zuhörer wissen. „Nein, definitiv nicht, auch wenn uns das gerne unterstellt wird!“ versicherte Häusling.
Zum Abschluss kam die Sprache auf den Einfluss von mächtigen Lobbyisten, die sich gegen Verbesserungen für Tier und Mensch wehren. Die Grünen haben jedoch Resistenzen gegen diese Einflussnahme ausgebildet wie keine andere Partei. Daher ist die Wahl am 22.09. auch eine Abstimmung über die künftige Haltung von Tieren.