Rede zum Schönecker Haushalt 2009
Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
natürlich steht dieser Haushalt unter dem Zeichen der Finanz- und Wirtschaftskrise und der sich in 2009 verschlechternden Einnahmesituation der Gemeinde. Von allen politischen Ebenen wird der Wirtschaftskrise derzeit – gezielt oder ungezielt - entgegengesteuert. Es wird notleidenden Unternehmen unter die Arme gegriffen, von Konsumschecks ist die Rede, die – vorhersehbare – Bauchlandung bei der kompromiss-vermurksten Pendlerpauschale wird zur Konsumförderung umdefiniert, es werden Konjunkturpakete geschnürt.

Zukunftsfähigkeit - Priorisierung der Großvorhaben
Dies sollte die Gemeinde Schöneck nicht tun, da sich bereits genügend, sinnvolle Projekte in der Pipeline befinden, die natürlich auch alle konjunkturwirksam sind. Diese Projekte sollten auf den Prüfstand gestellt werden und auf ihre Auswirkungen in die Zukunft hinein untersucht und entsprechend priorisiert werden. Dies haben wir Grüne getan, denn gerade Zukunftsinvestitionen sollten in wirtschaftlich schwieriger Zeit getätigt werden. Mit Blick auf die drei Schönecker Großvorhaben setzen wir folgende Prioritäten:
    • 1. Priorität Jugendzentrum - für Heranwachsende im Alter bis zu ca. 12 Jahren bietet Schöneck bereits ein gutes, altersspezifisches Betreuungsangebot. Ab 13 jedoch, in der für das weitere Leben prägenden Zeit der Pubertät, lassen wir als Gemeinde die Jugendlichen allein. Darüber können die vorhandenen – halbherzigen, und daher nicht angenommenen – Angebote nicht hinwegtäuschen. Das Jugendzentrum ist daher eine wichtige Investition in die Zukunft unserer Jugendlichen – eben eine Zukunftsinvestition.
    • 2. Priorität Sporthalle - durch die Ko-Operation mit dem Main-Kinzig-Kreis ist die Gelegenheit günstig und durch die Planungen in Richtung einer Passiv-Bauweise ist aus einem guten ein sehr gutes Projekt geworden. Da die alte Halle marode und zugig ist, ist die neue Halle nicht zuletzt auch ein signifikanter Beitrag zum Klimaschutz – eben eine Zukunftsinvestition.
    • 3. Priorität Ortsdurchfahrt Kilianstädten - mit der Inbetriebnahme der Umgehungsstraße wurden die Anwohner von Durchgangsverkehr entlastet. Die Pflicht ist erledigt. Die nun noch anstehenden Umgestaltungsmaßnahmen sind – bei realistischer Betrachtung - die Kür und können auf wirtschaftlich bessere Zeiten verschoben werden.

Zukunftsfähigkeit - Zusammenhänge im vorliegenden Haushaltsentwurf
Die Zukunftsfähigkeit - bzw. –unfähigkeit - von Investitionen offenbart sich auch durch einen Blick auf die aus dem Haushaltsentwurf erkennbaren Zusammenhänge, z.B. im Umgang mit der zunehmenden Flächenversiegelng und den vermehrten Starkregenereignissen, wofür fast 500.000 Euro bereitgestellt werden sollen:
    • Für die Sanierung des Regenüberlaufbeckens Büdesheim wurden für das Jahr 2009 50.000 Euro eingestellt, für den Ersatz des Beckens an der Uferstraße für die Jahre 2011/2012 110.000 Euro.
    • Für den Neubau von zwei Regenüberlaufbecken am Hellerborner Bach sind für 2009 275.000 Euro vorgesehen.
    • Der Ersatz von nicht mehr funktionsfähigen Rührwerken in der Kläranlage schlägt in 2009 mit 60.000 Euro zu Buche. Nicht mehr funktionsfähig sind die Rührwerke u.a. deswegen, weil die ausgeräumten Schönecker Ackerlandschaften den vermehrten Starkregenereignisse nicht standhalten, die Ackerkrume ungebremst abgeschwemmt wird, über die Kanalisation in die Kläranlage gelangt und diese wiederum für den festen Lehm nicht ausgelegt ist.
In Summe sollen laut Haushaltsentwurf also 495.000 Euro ausgegeben werden für technische Lösungen zur Reparatur unserer nicht nachhaltigen Lebensweise: der Versiegelung von Böden durch Umgehungsstraße, Bau- und Gewerbegebiete oder Intensiv-Landwirtschaft. Im Vergleich dazu nehmen sich die von uns z.B. für 2008 vorgeschlagenen Maßnahmen in Höhe von 27.000 Euro für Klimaschutz oder Biotopflächen bescheiden aus – und diese schützen genauso gut vor Hochwasser. Für den vorliegenden Haushalt 2009 fordern wir daher, die Mittel, die für den technischen Hochwasserschutz eingestellt sind, für den allgemeinen Hochwasserschutz umzuwidmen. Wir sind davon überzeugt, dass wir in den weiteren Beratungen feststellen werden, dass die Natur uns besser und günstiger vor den Folgen von Starkregen schützen kann als Regenrückhaltebecken. Naturschutz ist Hochwasserschutz – Zusammenhänge eben.
Wir wollen aber nicht nur an den Symptomen des Klimawandels herumdoktern, sondern auch unseren Beitrag leisten, den Klimawandel zu bremsen und stellen dazu erneut den Antrag, für 10.000 Euro eine Studie zu erstellen, die effektive, kommunale Klimaschutzmaßnahmen aufzeigt. Diese Studie konnte im Jahr 2008 leider nicht wie vorgesehen durchgeführt werden. Ein mögliches Ergebnis der Studie kann sein, dass Maßnahmen zur energetischen Sanierung von Bestandsimmobilien in den Ortskernen vorgeschlagen werden, die ansonsten schwer Nachmieter oder Käufer finden. Solche Maßnahmen wirken also der vom Bürgermeister in seiner Haushaltsrede zu Recht befürchteten Verwaisung der Ortskerne entgegen. Klimaschutzmaßnahmen sind also auch gut für die Ortskernentwicklung – Zusammenhänge eben.

Zukunftsfähigkeit – Nutzen statt besitzen, Verzicht auf kosmetische Maßnahmen
Einige Positionen im Haushaltsenwurf halten wir für überflüssig und beantragen daher die Streichung: so z.B. die Beschaffung eines Rasentraktors für 12.500 Euro zur ausschließlichen Nutzung am Sportplatz Oberdorfelden. Hier sollen besser die beim Bauhof vorhandenen Rasentraktoren verwendet werden. 12.500 Euro auszugeben für Gerät, das nur wenige Stunden im Jahr genutzt wird, ist unwirtschaftlich.
Um den „Schandfleck“ gegenüber des Büdesheimer Rathauses – das brachliegende Grundstück Nördliche Haupstraße 4 – zu verschönern, sollen lt. Haushaltsentwurf 120.000 Euro für den Kauf und ggf. weitere 20.000 Euro für die Verschönerung bereitgestellt werden. Dieses Projekt halten wir für überflüssig, weil keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks erkennbar ist. Für genauso überflüssig erachten wir die Fremdvergabe zur Pflege von Begleitgrün in Höhe von jährlich 11.000 Euro – diese Aufgabe kann vom Bauhof übernommen werden, der im vergangenen Jahr personell aufgestockt wurde.
Einen Bruchteil der gesparten Kosten wollen wir für die Förderung des Waldorfkindergartens -  zusätzlich 5.000 Euro- sowie für das Bündnis für Familie – 1.000 Euro - ausgeben. Damit werden erfolgreiche Einrichtungen und Projekte unterstützt, die der kulturellen und sozialen Vielfalt der Gemeinde dienen.

Finanzielle Zukunftsfähigkeit – die Ansätze der Schönecker Parteien
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
es gehört wohl zu den normalen politischen Ritualen, dass von der Opposition die finanzielle Situation der Gemeinde heftig kritisiert wird und Horrorszenarien entworfen werden. Nicht normal ist jedoch, dass keine wirklich entlastenden Gegenvorschläge gemacht werden.
Im Gegenteil: während die Anträge von SPD und Grünen für 2009 – das Jahr, über das wir heute verbindlich entscheiden - eine signifikante Entlastung bringen, würden die Anträge der CDU in Summe eine Netto-  Mehrbelastung von 10.000 Euro im kommenden Jahr verursachen.
Nicht in den Vergleich eingeschlossen werden kann die FDP, die zwar immer wieder – wie zuletzt mit dem Vorschlag zur Radweggestaltung - nette Anträge zur Verbesserung der Schönecker Lebensqualität stellt und sich dafür öffentlich feiern lassen möchte, aber in den Haushaltsberatungen die Zeche prellt und versäumt, die benötigten Mittel zu beantragen. Heute gibt man lieber den fiskalischen Saubermann. Liebe Kollegen von der FDP, das ist dreist.
Für den Ausblick auf die Jahre 2010 bis 2012 ergäbe sich durch die von CDU/FDP vorgeschlagene Streichung des Jugendzentrums tatsächlich ein finanzieller Vorteil, der aber durch die vorgeschlagenen Ausgaben für die Straßengestaltung zum größten Teil wieder aufgefressen würde.
Es ist eben alles eine Frage der Priorisierung: Jugendarbeit geht uns Grünen vor Straßenbau. Aber seien Sie gewiss: bevor in den Jahren 2010 bis 2012 tatsächlich Geld ausgegeben wird, werden wir die Vorhaben mit Blick auf die Finanzierbarkeit nochmals auf den Prüfstand stellen – dies gilt für alle Projekte. Hier sind wir uns mit unserem Koalitionspartner SPD einig. Gemeinsam werden wir heute einen zukunftsfähigen Haushalt verabschieden.

Wolfgang Seifried - es gilt das gesprochene Wort