Februar 2009: Planlosigkeit in Planungsverband und Regionalversammlung, St. Florian in Schöneck: die "Strategien" von CDU und FDP zur Windkraft - ein Kommentar
Verwundert rieb ich mir die Augen, als ich die Presse-Berichterstattung über die Abstimmungsergebnisse zum regionalen Flächennutzungsplan las.
Doch zunächst zu den Fakten: im Flächennutzungsplan sollen u.a. Vorrangflächen für Windenergie ausgewiesen werden, die ausschließenden Charakter erhalten sollen. D.h. dass nur auf diesen Flächen Windenergieanlagen errichtet werden dürfen. Bis zum Inkrafttreten des Flächennutzungsplanes gilt das Baugesetz, dem zu Folge die Windenergienutzung im Außenbereich als privilegiertes Bauvorhaben gilt und daher grundsätzlich zulässig ist. Nach diesem geltenden Recht und einem aufwändigen Genehmigungsverfahren wurde im Januar die Baugenehmigung für die drei Anlagen am Galgenberg rechtsverbindlich erteilt.
Im Februar haben nun CDU und FDP mit ihrer Mehrheit in der Verbandskammer des Planungsverbandes Frankfurt/Rhein-Main die Anzahl der Vorrangflächen in mehreren Iterationen von 66 auf 5 reduziert (1,4 Promille der Gesamtfläche) und dabei auch die Schönecker Flächen gestrichen. Wenige Tage später wurden in der Regionalversammlung die 5 Flächen - mit den Stimmen der FDP gegen den Widerstand der CDU - auf 10 aufgestockt (2,7 Promille der Gesamtfläche). Die Schönecker Flächen sollen demzufolge wieder dabei sein.
Jetzt muss ein Vermittlungsausschuss einberufen werden, da beide Kammern den gleichen Plan verabschieden müssen. Dies verzögert das für 2010 geplante Inkrafttreten des Flächennutzungsplans. Da sowohl die Ausweisung von 1,4 als auch 2,7 Promille der Gesamtfläche nach einschlägigen Gerichtsurteilen als Verhinderungsplanung gelten, werden Klagen das Inkrafttreten weiter verzögern.
Verwunderung erzeugte vor allem das widersprüchliche Abstimmungsverhalten der FDP in den beiden Kammern, das mehrere Interpretationen zulässt:
a) Entweder die Abgeordneten der Kammern reden nicht miteinander, obwohl sie über den gleichen Sachverhalt abzustimmen haben.
b) Oder die FDP änderte innerhalb von wenigen Tagen ihre Meinung, was bedeuten würde, dass sie ihre politischen Aufgaben nicht ernst nimmt und sich auf eine solch wichtige Entscheidung nicht vorbereitet hat. Schließlich war im Vorfeld genug Zeit für die Beschäftigung mit dem Thema.
c) Oder die FDP möchte öffentlichkeitswirksam alle Windkraft-Lager bedienen: erst präsentiert man sich im Planungsverband als rigoroser Blockierer, dann geriert man sich in der Regionalversammlung als großer Retter. Das wäre eine ganz clevere Strategie!
CDU und FDP in Schöneck ficht das übrigens alles nicht an. Vor der eigenen Haustür will man die Sichtbeziehungen der Hohen Straße nicht gestört wissen. In ihren Pressemitteilungen fordern beide weiterhin den Stop der Windkraft-Projekte. Sie lassen sich dabei auch nicht von der Realität - der Baugenehmigung durch das Regierungspräsidium Darmstadt - beirren. In der Baugenehmigung wurde nach einjähriger Prüfung der zahlreichen Gutachten beschieden, dass alle im Vorfeld von CDU und FDP geäußerten Bedenken nicht zutreffen.
Die FDP greift in ihrer Presseinformation sogar ihre Parteifreunde in der Regionalversammlung heftig an. Wenigstens dieses Problem hat die CDU nicht. Hier haben alle Parteigliederungen verstanden, was Roland Koch und Silke Lautenschläger festgelegt haben: dass Hessen nicht das Land der Windenergie sei.
Als Segen unseres Demokratiemodells erweist sich hier die Gewaltenteilung. Denn nach geltendem Recht werden am Galgenberg in Kürze die ersten Bagger anrollen.
Ich mache mir dennoch einen dicken Knoten ins Taschentuch und erinnere an das realpolitische Abstimmungsverhalten von CDU und FDP, falls von diesen vor einer Wahl mal wieder in einer Sonntagsrede erwogen wird, irgend ein Land zum Musterland der regenerativen Energien zu machen.
09.03.2009, Wolfgang Seifried

Zur Chronologie der Windkraftentwicklung in Schöneck hier ...