Sitzung der Gemeindevertretung am 28.02.2012: Doppelhaushalt 2012/2013
Rhetorik vs. Verantwortung
Fehlbeträge von 882 T€ bzw. 451 T€ sah der Entwurf des Haushaltsplans für die Jahre 2012 bzw. 2013 vor. Grund genug für uns, auch in diesem Jahr wieder tief in die Details des Haushaltsentwurfs einzusteigen. Die Mehrheitsfraktionen von SPD und CDU beschränkten sich dagegen leider auf viel Rhetorik. Zumindest interessant war dabei der Schwenk der CDU: Was vor drei Jahren noch zur Beschimpfung des scheidenden Bürgermeisters Stüve als "Schuldenkönig" führte, war nun plötzlich ohne substantielle Änderung nach eigenem Bekunden "verantwortungsvoll" und "moderat".
Mit dem befürchteten Ergebnis endete daher die Haushaltssitzung am 28.02.2012. Mit den Stimmen von CDU und SPD wurde der vorgelegte Haushaltsentwurf verabschiedet. Die Chance auf eine Verringerung des Defizits um 400 T€, wie in unseren Anträgen vorgeschlagen, wurde leider ausgelassen. Bezeichnenderweise erhielten nur zwei unserer Anträge die Zustimmung, die Geld kosten: der offene Bücherschrank und die dauerhafte Etablierung der geänderten Verkehrsführung Kilianstädten nach Abschluss des Verkehrsversuchs.
Letzteres war für uns Grüne allerdings damit verknüpft, dass der Endausbau der Frankfurter Straße aufgrund fehlender Mittel in Höhe von 2-3 Mio € nicht 2014 stattfindet und damit die kostenwirksame Planung auch nicht 2012 beginnt, sondern um zunächst zwei Jahre geschoben wird. Die Mehrheit entschied sich aber für alles: d.h. 2012 die "dauerhafte" Etablierung der Verkehrsführung UND 2014 den Endausbau der Frankfurter Straße. Das wirft die Frage auf, ob zwei Jahre als "dauerhaft" bezeichnet werden können - denn nach dieser Zeit müssten Teile der Verkehrsführungsmaßnahmen wieder eingerissen werden, wenn die Frankfurter Straße umgestaltet wird.
Weitere Differenzen traten im Themenblock Vereinsförderung zu Tage. Während wir uns der Bedeutung des Vereinslebens für die Gemeinde durchaus bewusst sind, aber die verschiedenen Vereinsförderungsmaßnahmen differenziert betrachten, wird insbesondere bei CDU und SPD alles Nachdenken darüber tabuisiert. Wir hatten vorgeschlagen,
- die Nutzungsgebühren für die kommunalen Liegenschaften (nur für die Übungsstunden Erwachsener - nicht für Kinder und Jugendliche) zu erhöhen,
- bei der Anschaffung von Rasentraktoren für die Fußballplätze Anreize zu wirtschaftlichem Vorgehen zu setzen und
- die Förderung der Traktorenhalle zu streichen.
Für die Mehrheitsfraktionen dagegen
- würde eine Gebührenerhöhung bei der 4,5 Mio € teuren Dreifeldsporthalle von 4 € auf 6 € (d.h. bei 10 Nutzern auf 60 Ct. pro Person) das Vereinsleben in seinen Grundfesten erschüttern,
- würde bei einem angeblichen Mähbedarf eines Fußballplatzes von bis zu 3-mal (!!!) pro Woche bei wirtschaftlicheren Mäher-Lösungen der Fußballsport in der Gemeinde gefährdet,
- obliegt es nicht der Kommunalpolitik, darüber zu entscheiden, welche Vereinsvorhaben förderungswürdig sind und welche nicht. Gerechtigkeit im Sinne der Mehrheitsfraktionen bedeutet, alle Vereine gleichermaßen und unabhängig von der Finanzsituation mit den beantragten Zuschüssen zu beglücken - und damit auch die Traktorenhalle zu fördern.
In Summe wurden so von den Mehrheitsfraktionen bei der Vereinsförderung Haushaltsentlastungen in Höhe von 30 T€ abgelehnt.
Im Prinzip löblich dagegen ist das plötzliche Engagement der CDU für den Klimaschutz. Schade nur, dass dafür die SPD den noch mit uns gemeinsam eingeschlagenen, professionellen Weg verlassen hat und sich dem Aktionismus angeschlossen hat. Obwohl die Beratungen des von einem Gutachter erstellten Klimaschutzkonzepts - und der daraus abzuleitenden Maßnahmen - noch in vollem Gange sind, haben sich CDU und SPD mit der Verabschiedung des Haushalts bereits wahllos auf zwei Maßnahmen am Rathaus Büdesheim und am Bauhof festgelegt. Zum einen ist aber fraglich, ob die Maßnahmen in sich schlüssig sind, zum anderen behandeln sie nur ca. 1,5 Prozent der Schönecker CO2-Emissionen. Unser Vorschlag, im Haushalt zunächst Mittel ohne Maßnahmenbindung bereitzustellen und die Maßnahmen erst nach Abschluss der Beratungen festzulegen, fand bedauerlicherweise keine Zustimmung.
Und schließlich wurde auch die letzte Chance ausgelassen, die Jahrhundertfehlentscheidung bei der Verrechnung der Kanaluntersuchung zu korrigieren. Diese wird nun gleichmacherisch und dauerhaft über die Grundsteuer verteilt, anstatt verursachungsgerecht einzeln abgerechnet zu werden.
Mit den Stimmen von CDU und SPD wurde der Haushalt mehrheitlich verabschiedet. Da keine der von uns vorgeschlagenen Verbesserungen Zustimmung fand, konnten wir dem Haushalt am Ende nicht zustimmen. Aus den gleichen Gründen, weswegen wir uns schon nach der Kommunalwahl 2011 gegen eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD entschieden hatten: wegen des verantwortungslosen Umgangs mit öffentlichen Geldern.
Zur Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Peter Zittier hier ...
Hier die Eckdaten unserer Vorschläge:
- 80 T€ wollten wir im Jahr 2012 einsparen (2013: 115 T€),
- 169 T€ (2013: 190 T€) wollten wir zusätzlich einnehmen.
- 78 T€ (2013: 73 T€) wollten wir, v.a. für Energiesparmaßnahmen, zusätzlich ausgeben.
- Netto wollten wir somit den Haushalt um 171 T€ (2013: 232 T€) entlasten.

Übersicht Grüne Anträge Haushalt 2012/2013

1. Einsparungen, Kürzung von Investitionen und Zuschüssen

Antrag /
Abstimmungsergebnis in der Gemeindevertretung
Grüner Vorschlag 2012 (TEUR)
Grüner Vorschlag 2013 (TEUR)
Erläuterung Grüner Antrag
abgelehnt
-62,0
 
 
Vorlage Haushaltsentwurf: Für die Umgestaltung und den barrierefreien Zugang sollen (nach 45 T€ in 2010/2011) weitere 62 T€ bereitgestellt werden.
Änderungsantrag Grüne: Weitere Mittel sind für die Gemeinde aufgrund der Haushaltslage derzeit nicht darstellbar, auf die Umgestaltung muss verzichtet werden.
abgelehnt
-5,0
-5,0
Vorlage Haushaltsentwurf: gemäß Mehrheitsbeschluss der Gemeindevertretung soll der Bau einer Traktorenhalle für den Traktorenverein mit 10 T€ unterstützt werden.
Änderungsantrag Grüne: Angesichts der unverändert prekären Haushaltslage können solche Zuschüsse nicht gewährt werden und verstoßen auch gegen das von der Gemeindevertretung beschlossene Konsolidierungsprogramm.
abgelehnt
-13,0
 
 
Vorlage Haushaltsentwurf: Sowohl für den Sportplatz Kilianstädten als auch für den Sportplatz Büdesheim sollen Rasentraktoren für jeweils 13 T€ angeschafft werden.
Änderungsantrag Grüne: Die Anschaffung eines Rasentraktors für 13 T€ für nur einen einzigen Sportplatz erscheint unwirtschaftlich. Der Rasentraktor steht die meiste Zeit in der Garage. Dem FC Büdesheim und dem SV Kilianstädten sollen die halbierten Mittel zur Verfügung gestellt werden, um damit eine insgesamt wirtschaftlichere Alternative in Eigenverantwortung umzusetzen. Sei es indem gemeinsam ein Gerät angeschafft wird, indem zwei preiswertere Geräte angeschafft werden oder indem ein Dienstleister beauftragt wird, der die Plätze mit seinem eigenen Gerät mäht.
abgelehnt
-15,0
-100,0
Vorlage Haushaltsentwurf: Für den Ausbau incl. Kanalarbeiten sind ab dem Jahr 2014 in Summe 2,01 Mio € vorgesehen.
Antrag Grüne: Laut Haushaltsplan ist für das Jahr 2014 eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 2.059.040 € vorgesehen. Diese resultiert fast ausschließlich aus den Kosten für den 3. Bauabschnitt der Frankfurter Straße. Laut Auskunft des Bürgermeisters in den Haushaltsberatungen ist der Kanal für die folgenden 4 Jahre noch ausreichend dimensioniert und in Takt. Der Ausbau soll verschoben werden, damit können in 2012 und 2013 die Planungskosten gespart werden.
zugestimmt
20,0
 
 
Wegen der Verschiebung des Ausbaus der Frankfurter Straße sollen nach Auswertung des Verkehrsversuchs die temporären Maßnahmen in dauerhafte überführt werden. Für Maßnahmen zur Ausgestaltung (Beschilderung, Straßenmarkierung, Fahrradmarkierung entgegen Einbahnstraßenrichtung, geschwindigkeitshemmende Maßnahmen usw.) werden im Jahr 2012 20.000 € eingestellt.
abgelehnt
-5,0
-10,0
Vorlage Haushaltsentwurf: Für die Grünpflege werden derzeit 33 T€ pro Jahr angesetzt.
Antrag Grüne: Die Größe des Friedhofs in der Kilianstädter Straße ist deutlich überdimensioniert. Aus diesem Grunde sollte er durch Abtrennung eines Teils verkleinert werden. Dadurch können erhebliche Kosten (wir rechnen mit 10 T€ pro Jahr) für die Grünpflege eingespart werden. Die neu gewonnene Grünfläche könnte als Streuobstwiese gestaltet werden.
Summe Einsparungen, Kürzung Investitionen und Zuschüsse
-80,0
-115,0
Um diese Beträge reduzieren sich die Ausgaben der Gemeinde Schöneck

2. Erhöhung Einnahmen
Antrag /
Abstimmungsergebnis in der Gemeindevertretung
Grüner Vorschlag 2012 (TEUR)
Grüner Vorschlag 2013 (TEUR)
Erläuterung Grüner Antrag
Gebühren für Erwachsene in der Erich- Simdorn-Halle und in der Nidderhalle
abgelehnt
7,0
7,0
Die derzeit gültige Gebühr von 4,00 € pro Stunde für die ganze Halle ist bei weitem nicht kostendeckend und liegt weit unter der Miete, die in privaten Hallen zu entrichten wäre. Der Zuschuss der Allgemeinheit zum Hobby von Erwachsenen sollte weiter reduziert werden.
abgelehnt
 
 
21,0
Vorlage Haushaltsentwurf: Der Kostendeckungsgrad der Friedhöfe liegt bei ca. 66 Prozent, die Deckungslücke bei ca. 77 T€.
Antrag Grüne: Da die Kostendeckung in Schöneck nicht der Fall ist - wie auch in Berichten zum Haushalt seitens der Kommunalaufsicht immer wieder angemahnt wurde - sind die Einnahmen bzw. Ausgaben für die Friedhöfe so zu gestalten, dass  ein Deckungsgrad von mindestens 80 % erreicht wird (20 Prozent werden als allgemeine Parkanlagen angesehen). Das Ziel könnte z.B. erreicht werden durch eine Verkleinerung des Büdesheimer Friedhofs (10 T€) sowie  über Gebührenerhöhungen (21 T€).
abgelehnt
162,0
162,0
Vorlage Haushaltsentwurf: Die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftlichen Betriebe) liegt bei 280 %, die Grundsteuer B liegt bei 310 %. Die Mehrheit aus CDU und SPD hatte in der Gemeindevertretung per Beschluss eine Erhöhung auf 375 % avisiert, um aus den Mehreinnahmen die Untersuchung von Zuleitungskanälen zu finanzieren.
Antrag Grüne: Die Hebesätze sollen ausschließlich zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung auf 320 bzw. 350 % angehoben werden. Die ungerechte Umlagefinanzierung der Kanaluntersuchung über die Grundsteuer soll ersetzt werden durch eine faire Einzelabrechnung nach dem Verursacherprinzip. 
Summe Erhöhung Einnahmen
169,0
190,0
Um diese Beträge erhöhen sich die Einnahmen der Gemeinde Schöneck

Gesamtsumme Konsolidierung (Ausgabenkürzungen und Einnahmenerhöhungen)
249,0
305,0
Um diese Beträge wird der Fehlbetrag im Haushalt der Gemeinde Schöneck reduziert


3. Grüne Schwerpunktsetzung
Antrag /
Abstimmungsergebnis in der Gemeindevertretung
Grüner Vorschlag 2012
 (TEUR)
Grüner Vorschlag 2013
 (TEUR)
Erläuterung Grüner Antrag
abgelehnt
3,0
3,0
Nach wie vor gibt es bei der Renaturierung der Schönecker Fließgewässer Handlungsbedarf. Die bisher durchgeführten Maßnahmen (Flutmulde Nidderaue und Erlenbach) sollten nicht das Ende der Anstrengungen seitens der Gemeinde darstellen.
abgelehnt
65,0
60,0
Das von der Gemeinde beauftragte Klimaschutzkonzept ermittelte anhand von Kennzahlen für die Nidderhalle, den Bauhof und – mit einigem Abstand - das Rathaus Büdesheim die größten Energieeinsparpotentiale. Gleichwohl sind Details sowie die endgültige Priorisierung der Vorhaben noch zu bestimmen. Dazu sollen in 2012 Gebäudeenergieberater zu Rate gezogen werden.
Abhängig von den Ergebnissen der Gebäudeenergieberatung soll die Sanierung von Gebäuden in Angriff genommen werden. Dazu sind Mittel bereitzustellen, die zunächst noch mit einem Sperrvermerk versehen werden. Bei den höchst priorisierten Maßnahmen rechnet das Klimaschutzkonzept damit, dass sich die Maßnahmen selbst tragen, d.h. dass die Investitionen sich über die einzusparenden Energiekosten amortisieren.
Die Mittel für zusätzliche Förderprogramme hingegen sind für die Gemeinde „echte“ Kosten. Über die Förderprogramme sollen Anreize für private Investitionen in Energiesparmaßnahmen gesetzt werden.
abgelehnt
0,0
0,0
Vorlage Haushaltsentwurf: Für die energetische Sanierung und die Fassadensanierung sollen in Summe 74 T€ vorgesehen werden.
Änderungsantrag Grüne: Gemäß Klimaschutzkonzept gehört das Rathaus Büdesheim nicht zu den höchst priorisierten Maßnahmen. Da die Beratungen zum Klimaschutzkonzept im BUVEK- Ausschuss noch im Gange sind, soll auf eingestellten Mittel zunächst ein Sperrvermerk gesetzt werden.
nach Änderung auf 2 T€ zugestimmt
5,0
0,0
Für die Anschaffung offener Bücherschränke werden insgesamt 5.000 € als Anschubfinanzierung  bereitgestellt. Darüber hinaus wird der Gemeindevorstand aufgefordert, Sponsoren für die Herstellung der Schränke zu suchen.
Bücher sind ein Kulturgut, kosten bisweilen viel Geld und könnten nach Gebrauch anderen Leserinnen und Lesern zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grunde sollen in jedem Ortsteil an einem möglichst zentralen und nicht abseits gelegenen Standort „offene Bücherschränke“ installiert werden, zu dem zu jeder Zeit freier Zugang möglich ist, um Bücher mitzunehmen und Bücher reinzustellen. Für den  offenen Bücherschrank sollen freiwillige Paten gewonnen werden, die in eigener Verantwortung für den Inhalt der Bücherschränke zuständig sind.
abgelehnt
5,0
10,0
Vorlage Haushaltsentwurf: Für Zuschüsse an Betreuungsvereine u.ä. sind 79 T€ vorgesehen.
Antrag Grüne: Der Ansatz 2012 wird um 2.500 € erhöht. Eine gegebenenfalls für 2013 erforderliche Erhöhung wird im Nachtragshaushalt vorgenommen. Grund: Bei der Aufstellung des Haushaltes ging der Gemeindevorstand von 20 zusätzlichen Betreuungsplätzen in Kilianstädten aus. Nach derzeitigem Stand muss aber davon ausgegangen werden, dass mehr Betreuungsplätze benötigt werden.
Summe Grüne Politik-Schwerpunkte
78,0
73,0
Soviel kosten die Schwerpunkte, welche die Grünen im Haushalt setzen möchten. Wobei beim Löwenanteil, d.h. bei den Klimaschutzmaßnahmen davon ausgegangen werden kann, dass sich diese in kurzer Zeit amortisieren, was aber im Doppelhaushalt 2012/2013 nicht abbildbar ist.

Gesamtsumme Grüne Änderungen
-171,0
-232,0
Das sind die Netto-Verbesserungen durch die Grünen Änderungsanträge.